Tupiza

Die Sonne knallt in den Bus und es wird unertraeglich heiss drinnen. Fenster aufmachen moechte wegen des draussen wuetenden Sandsturmes auch keiner. Dabei war der Plan so einfach gewesen: Mit einem entspannten Bus ueber Tag wollten wir nach Tupiza fahren, um noch etwas vom Tag zu haben. Tja, schade dass das mit dem entspannt nicht so der Fall ist. Zur Hitze kommt voellige Ueberbelegung durch immer weiter zu- (aber nie aus-)steigene Fahrgaeste. Darunter leiden besonders 3 kleine Kinder, die stundenlang komplett in Winterklamotten eingepackt im Gang stehen. Jammern tun sie nicht, genau wie alle anderen bolivianischen Kinder immer alles gelassen hinnehmen. Als ich der Ältesten meinen Sitzplatz anbiete und mich selbst auf die Armlehne verfrachte, kommen wir ins Gespräch. Ich lasse mir von der 7-jährigen und ihrem 4-jährigen Bruder, der inzwischen mit auf den Sitz gerutscht ist, erzählen, wie sie heissen, woher sie kommen und was mein Spanisch akut noch so hergibt. Dann ürfen sie Bilder in meinem Reiseführer schmökern. Zu all ihren Kommentaren kann ich nur freundlich lächeln und ab und zu „si, si“ sagen, bis mich der Kleine frech fragt, ob ich denn überhaupt sprechen könne („¿No puedes hablar?“). Ich versuche ihm noch zu erklären, dass ich andere Sprachen ganz vernünftig spreche, was aber bis wir endlich und mit einer Stunde Verspätung ankommen, nicht so richtig bei ihm ankommt.
Die schon aus dem Bus wild-west-mässig anmutende Landschaft entdecken wir in den nächsten Tagen zu Fuss und zu Pferd. Die vielfältigen Farben hinterlassen wie schon im Salar bleibende Eindrücke. Das strahlende Blau des Himmels mischt sich mit roten Felsformationen, auf denen grüne Kakteen und Bäume spriessen, im Hintergrund die mächtigen schneeweiss getünchten, schwarzen Berge (Noch schöner als hier beschrieben habe ich die Landschaft nur in mein Tagebuch gemalt. Wer freundlich fragt, darf die 4-Farben-Bic-Kuli-Idylle in Berlin bestaunen).
Wir wandern in einen Canyon nahe der Stadt. Auf dem Weg dorthin begegnen uns Menschen, die vor der Kulisse einfachster Behausungen mit vorzeitlichen Werkzeugen Landwirtschaft betreiben. Meine erste Assoziation ist Afrika. Abgemagerte Pferde und mehrere Ziegen- und Kuhgruppierungen, die Herde zu nennen eine Ubertreibung wäre, quetschen sich zwischen Bahnschienen und Flussbett, welches jetzt zur Trockenzeit nur ein spaerliches Rinnsal in seiner Mitte fuehrt, was ein Paar aber nicht davon abhaelt, den 3stündigen Wochenwasch hier zu vollbringen (natuerlich wäscht sie, er hat ja schon das Auto hergefahren).

Nach einer Stunde Wanderung von der „Busendstation“ (Stationen gibt es hier nicht, man muss auf gut Glück aussteigen) betreten wir den Canyon von Palala alto. Am Anfang  laufen wir noch in den Spuren der Jeeps, die das hier als letzte Touri-Station auf mehrtägigen Rundreisen durch die Umgebung nutzen, bald schon aber sind wir alleine. Fast. Nur noch die Stille existiert um uns herum, kein Geräusch dringt von der Strasse, den Gleisen oder den Tieren bis hier. Wir verweilen endlos lange Minuten und wandern dann von Glück erfüllt zurück in die Stadt.

Auf unserer horse riding Tour werden wir drei Stunden lang zu zweit durch die Umgebung geführt. Von unserem 16-jährigen Guide können wir einiges über das Leben eines Jugendlichen hier erfahren. Er, Johnny, arbeitet schon viele Jahre neben der Schule und führt Ausritte mit Touristen. Ich frage ihn, was er mit einer Tour verdient. Er bekommt für die 3 Stunden 10 Bs. Wir haben 210 Bs bezahlt. Wenn Johnny 5 Touren die Woche macht, reicht das gerade für die halbe Miete, die Wohnung teilt er sich mit seinem Bruder. Sein Traum ist es zu studieren, um dann Tierarzt für Pferde zu werden.

Voller Spannung nehmen wir den Nachtbus nach Potosí, wo uns die höchste Stadt der Welt, eine verteufelte Mine und bestimmt viel Kälte erwarten.

Salar de Uyuni

Die Salar de Uyuni-Tour ist Standard bei allen Bolivientouristen. Es gibt 70 Anbieter, die genau die gleiche 3-Tages-Tour anbieten. Versprochen werden unglaubliche Landschaften und Naturphänomene. Davon angezogen machen wir uns aus Cocha mit mehreren Bussen und einem Umstieg auf der wohl schlechtesten Strasse Boliviens über Nacht auf nach Uyuni. Doch die dann folgende Tour entschädigt komplett für die schlaflose Nacht und das Ankommen zu unchristlicher Zeit und in eisiger Kälte am frühen Morgen in Uyuni.

Zähneputzen vor Abfahrt

Zähneputzen vor Abfahrt

Was wir in den ersten 2 Tagen sehen, übertrifft unsere Erwartungen noch. Schon der Salar an sich, eine wirklich riesige (12qkm) glatte weisse Salzfläche beeindruckt unglaublich. Egal ob mit geschlossenen Augen minutenlang geradeauslaufen oder sich fernab der Gruppe einfach hinlegen und die ganze Welt unter sich spüren, diese surreale Landschaft hält unfassbare Erfahrungen für uns bereit. Ausserdem kann man lustige Fotos machen.

Aber auch die Umgebung des Salar hat es in sich: Da wären der cemeterrio de trenes, der Zugfriedhof, Relikt aus einer besseren Zeit, als Bolivien noch ein gutausgebautes und befahrenes Schienennetz hatte, bevor ein gieriger Präsident die Züge nach Chile verkauft hat. Dann gibt es Landschaften, die an Australien oder den wilden Westen erinnern, die ich aber so nicht in Südamerika erwartet hätte: Riesige Felsformationen aus rotem Lavagestein gemischt mit Allerlei Kakteen und dem Vollmond darüber prangend. Eine Insel mit noch viel mehr Kakteen, die zu Zeiten des Urmeers, das gaaanz früher den gesamten Salar bedeckte, ein Korallenriff war und jetzt 1000 Jahre alte, ziemlich imposante Kakteen beherbergt. Und dann in der Höhe verschneite Berge, orkanartige Windstärken und nur noch ein paar Moose und Flechten, die diesen rauen Bedingungen ihren Lebensraum abringen. Dazwischen heisse Quellen und Lagunen, in denen sich auch bei Minusgraden wie heute Flamingos tummeln (an dieser Stelle Musiktip: das Album von MC Fitti – #Geilon). Wenn man versuchen würde, das was wir hier sehen auf ein Wort herunterzubrechen, so wäre es vermutlich unfassbar. Unfassbare Landschaften, unfassbare Flora und Fauna und vor allem unfassbare Farben. Das Einzige, was die Unfassbarkeit ab und zu stört, sind unfassbar viele Touristen, die genau wie wir mit ihren Jeeps an den Hotspots Halt machen und sich drängeln, um den schönsten Flamingo im Flug zu knipsen. Zum Glück kennt unser Führer Fabio die Gegend auch abseits der ausgetretenen Pfade und kann uns immer wieder an Orte führen, an denen wir „unter uns“ sind.

Wegen Schneestrum und Schneeverwehungen können wir am Ende des zweiten Tages unsere geplante Route nicht mehr fortsetzen. Wir haben mit Fabio glücklicherweise einen sehr erfahrenen Guide, der das Risiko nicht eingeht und mit uns zurück nach Uyuni. Andere trifft das Schicksal härter. Mehrere Autos bleiben im Schnee stecken oder kippen im Sturm um, viel Touristen sind gezwungen in ihren Jeeps zu übernachten, bis am nächsten Tag Helikopter aus La Paz kommen, um sie zu befreien. Der Schnee ist am dritten Tag nicht verflogen und so bastelt Fabio ein entspanntes Ersatzprogramm bestehend aus der Besichtigung einer Minenstadt und dem Bad in heissen Quellen. Den bis dahin mit uns gefahrenen Belgiern ist das zu langweilig und sie beschliessen, sich einem anderen Trupp anzuschliessen, der einen noch erreichbaren Vulkan besteigen will. So haben wir die Gelegenheit, Fabios Frau und kleinstes Kind einladen zu können, die uns erst verhalten und dann ausgelassen auf den Spielplatz der Bergarbeiterstadt begleiten und uns dann ein Mittagessen in der öffentlichen Badeanstalt zubereiten (Man stelle sich das kurz bei uns im Paracelsus-Bad vor: Eine Gruppe, die allerhand Töpfe, Dosen und Geschirr herauskramt und genüsslich ihr Mittagsessen schnabuliert). Fabio und seine Familienmitglieder sind, wie die meisten Bolivianer, denen ich bis jetzt begegnet bin, sehr nette Menschen: Höflich, zuvorkommend, fröhlich und vor allem sehr ruhig.

Nach unserem 3-Tages-Trip durch`s Kalte sind wir froh, ein Zimmer im einzigen Hotel Uyunis, welches über eine Heizung verfügt, gebucht zu haben. Noch abends verabschieden wir uns von Julias Eltern, ab morgen gehen wir getrennte Wege.

 

Cochabamba

Nach meinem ersten Flug mit Stopover (in La Paz), auf dem ich die skurill-chaotische Situation erlebe, dass 10 Bolivianer in das Flugzeug steigen und alle Plätze auf ihre Weiterflugbereitschaft checken (#Ameisenhaufen), einer quälend langen Wartezeit in Santa Cruz und einem lächerlich kurzen Flug Santa Cruz – Cochabamba, der praktischerweise wieder in Richtung La Paz zurückgeht (s. Wolframalpha), bin ich endlich da: Cochabamba, Studentenhauptstadt und Geburtsstätte des Wasserkampfes (Film-Tipp: También la lluvia) und natürlich auch der Ort, an dem ich endlich, endlich, endlich Julia wiedertreffen werde. So kommt es dann auch, ein wunderbarer Moment, als wir uns am Flughafen treffen.

Der Taxifahrer fährt uns für umgerechnet 2 Euro durch die Stadt zur Wohnung von Julias Schwester Marie, welche den Startpunkt für unsere Reise bildet. Anschnallen ist hier sowieso nicht und übereinander sitzen kein Problem, so dass wir bequem zu viert zwei vorne und zwei hinten fahren.

Marie und ihre FSJ-Kolleginnen haben eine Wohnung im Stadtzentrum gemietet und absolvieren jetzt ihre letzten freiwilligen Wochen hier. So kommt es, dass ein paar Minuten nachdem wir angekommen sind, die Nachmieterin Martine mit Sack und Pack auf der Matte steht. Nachdem wir die Wohnung mit ihren Möbeln vollgestellt und uns ein provisorisches Bett gebaut haben, gehen wir zügig schlafen. Obwohl ich seit Miami über den Wolken nur noch geschlafen habe, kann ich eine ordentliche Mütze Schlaf in einem richtigen Bett jetzt gut gebrauchen.

In den nächsten Tagen entdecke ich mit Julia Cochabamba. Wir klettern auf den Cristo (der hier wohl noch höher ist, als das Original in Rio de Janeiro) und haben einen herrlichen Ausblick auf die Stadt.

El Cristo

El Cristo

Wir besuchen ein Kloster und erfahren, wie es sich lebt, wenn frau mit 15 bis zu ihrem Tod allein mit Gott und ein paar anderen Nonnen eingesperrt wird. Die nicht wirklich grosse und vor allem sehr düstere Anlage liegt umgeben von hohen Mauern mitten in der Stadt, so dass die drinnen alles von draussen hören, ohne jemals raus zu können. Bis heute leben 8 Frauen diesen Albtraum. Wir erleben die Kulinarik der Strasse, besonders, als wir abends über ein Fest der Virgin Carmen streifen. Alles Essen auf der Strasse ist fritiert und wenn sich doch mal ein Salatblatt auf dem Pappteller verirrt, tut man gut daran, das nicht zu essen. Was ich natürlich gleich bei erster Gelegenheit missachte. Trotzdem bleibe ich, Gott sei Dank, von Parasiten und ähnlichen Magen-Darm-Scherereien verschont, die normalerweise jeden hier am Anfang plagen (UPDATE 2 Wochen später: mittlerweile hab ich es auch 2 mal durch.) Nach ein paar Tagen nimmt Marie uns auch mit in den Kindergarten. Einen halben Tag lang spielen wir mit den Kindern Zugfahren und Fussball und reisen mit den Bremer Stadtmusikanten.

Der Star im Kindergarten

Der Star im Kindergarten

Bolivien ist so, wie ich es mir vorgestellt habe. Alles ist hier einfach einfach. Gemütlich, langsam, niedrigtechnologisiert.

Miami

Gerade habe ich die Uhr 6 Stunden zurückgestellt. Zwischen mir und Berlin liegen bis jetzt 11 Stunden Flug, mässiges Flugzeugessen und die langweiligste Sitznachbarin, die man sich vorstellen kann. Vor mir liegen eine Busfahrt zum South Beach und hoffentlich einem geilen Burgerladen, five guys oder so (DAYUM!), noch 20 weitere Stunden stop&fly bis Cochabamba und dann die wohl krasseste Reise meines (zugegebenermassen hinter den Ohren noch grün gefärbten) Lebens. Lobosch’s World Records Buch wird sich also weiter füllen und hat auch jetzt schon einige neue Einträge: weiteste Reise, längster Flug, das meiste Wasser unter mir gelassen.

Erste Eindrücke vom Flughafen sind das omnipräsente Spanisch und ein mulmiges Gefühl, als ich Menschen sehe, die in Frischhaltefolie eingewickelte Maschinenpistolen vor sich herschieben.

Im Bus haben 2 Typen den Spass ihres Lebens. Ein 70-jähriger und ein Mittdreissiger haben sich im Bus kennengelernt und schmettern zusammen Arien in allen ihnen bekannten Sprachen, wobei sie nach und nach den ganzen Bus mit einbeziehen wollen. Gar nicht mal so schlecht gesungen, aber ’n bisschen laut. Dann, endlich, bin ich am Strand: Miami Beach Dikkahz! Seht selbst:

(VIDEO FOLGT)

Mein Kumpel Louis hat die USA mal so beschrieben: „Du hast da drüben ein Bedürfnis und kaum merkst Du es, wird es Dir auch schon erfüllt.“ Wie recht er hatte, dachte ich, als der 3. Laden nachdem ich aus dem Bus ausgestiegen bin, der von mir so heiss herbeigesehnte five guys Burgers and fries war. Am Strand lerne ich prompt noch einen Louis kennen, der mir weiterhilft. Dank ihm komme ich halbwegs trocken zum Flughafen, nachdem ich erst lange mit mir gehadert hatte, ob ich ohne Bade- und Wechselsachen in den salzigen Atlantik springen soll, mir dann aber „YOLO“ dachte und mit Buchse rein bin. Louis ist der typische beachworker: Ein muskelbepackter Schwarzer mit Sonnenbrille und Goldkette, dem ich nicht so recht abkaufen kann, dass er nach eigener Angabe schon 47 Jahre alt sei. Jedenfalls schenkt Louis mir ein Handtuch aus dem Hotelvorrat, für das er arbeitet.

An der Bushaltestelle habe ich noch einmal Glück, als ein feierlustiges Mädchen so lange unter lautem Johlen meiner Banknachbarn ihr Hinterteil vor meinem Gesicht shakt, bis der Bus, der nur alle halbe Stunde kommt, schon im Begriff ist, wieder anzufahren. Ich überwinde meine Verstörung gerade noch rechtzeitig und schaffe es noch in den Bus zu hechten, wo mich Atzepeng hinterm Steuer für meinen Anfängerfehler auslacht.

Allein

Dann bin ich allein.

Tagelang rede ich nur ein paar Minuten am Tag mit Leuten am Telefon und verbringe den Rest meiner Zeit schweigend mit meinem Tagebuch, Solitaire-Kartenspielen oder im Internetcafe. Ich mag allein sein immer noch nicht. Es ist aber wohl eine gute Übung.

Solitaire

Solitaire

Was mir auffällt ist, wie sehr persönlich hier alles ist. Die Leute erinnern sich an mich. Die Bedienung im Café weiß, welches Bier ich trinke, die beim Bäcker kennt meine Lieblingsmarmelade, die ich in meinem Gogosi will. Und der Typ an der Supermarktkasse (!) fragt mich gleich auf Englisch, on ich eine Tüte brauche und lächelt dann „You see? I didn’t forget you.“ Darauf legen die Leute hier anscheinend Wert und ich finde es gleichzeitig schön und ein wenig unheimlich.

Fluchtpunkte

Fluchtpunkte

Gutes Essen und Abschiede

Marie kommt mit ihrer Familie aus Berlin zu Besuch. 3 Tage am Stück werden wir in die besten Restaurants der Stadt eingeladen. Dazu gibt es an einem Tag eine private Stadtführung und am nächsten können wir an einer rumänisch-orthodoxen Trauerfeier teilnehmen.

mit den Mädels

mit den Mädels

Im Restaurant gibt es außer gutem Essen auch gutes Trinken und der erste Abend an dem ich noch im „Ich trinke alles, was man mir anbietet“-Modus bin endet nach vielen Bieren und doppelten Jägermeistern ziemlich blau. Völlig außer übung kann ich nicht an Glanzleistungen anknüpfen, die mir einst im Abibuch die Auszeichnung als „größter Suffkopp“ eingebracht haben. Nein Mama, ich bin immer noch nicht stolz drauf. Am nächsten Morgen herrscht Filmriss, aber die Erzählungen der anderen reichen dafür, dass ich ab jetzt nur noch einen aus Höflichkeit mittrinke.

Im Restaurant

Im Restaurant

Am Samstag nehme ich auf unbestimmte Zeit Abschied von Julia und am folgenden Tag auch von Marie. So schön es war, die beiden gesehen zu haben, so traurig ist der Abschied. Hoffentlich ist das Wiedersehen nicht soo fern.

Sinaia

Nachdem wir die Hauptstadt, die Schwarzmeerküste und das Donaudelta gesehen haben, wollen Julia und ich das nächste landschaftliche Highlight erleben und fahren mit dem Zug in die Karpaten. Wieder schaffen wir es morgens nicht so früh wie gehofft und deshalb trudeln wir erst um 13:30 Uhr in Sinaia ein. Sinaia war früher die Sommerresidenz der Hohenzollernkönige und ist jetzt sommers beliebtes Ausflugsziel für Wanderer und geschichtlich interessierte und winters Skigebiet. Wir spazieren zürst durch die Stadt und heben uns die Hauptattraktion, die beiden Schlösser von König und Königin für später auf. Als wir dann zum Höhepunkt kommen wollen, haben wir den letzten Einlass in’s Schloss um wenige Minuten verpasst. Bitter. Immerhin ein guter Grund hier nochmal herzukommen, denn das Schloss von außen und der Bericht von ein paar Leuten, die drin waren, wirken schon sehr imposant. Auch die Draculaburg schreit nach einem Besuch und somit kann sich Transsilvanien auf mich gefasst machen – Ich komme wieder!

Back to Bukarest

Mit den freundlichen Schweizern geht es im Auto Richtung Osten. Ein Wetterumschwung meint uns genau jetzt richtig nerven zu müssen. Das Thermometer im Auto fällt innerhalb von 2 Stunden von 30°C auf 9°C. Keine guten Voraussetzungen für’s Zelten, weshalb wir unseren Plan ändern und es direkt zurück nach Bukarest in die warme und trockene Wohnung versuchen wollen. Wir können unser Glück nicht fassen, als uns der Erste, der anhält, uns anbietet in seinem Mercedes bis zum Flughafen Bukarest mitzunehmen. Ein über-300km-Lift! Leider haben wir uns zu früh gefreut: Anfangs versuchen wir noch seine Nachfragen, die auf Geld abzielen zu überhören, irgendwann wird aber überdeutlich, dass er uns das Stück nicht für lau mitnehmen möchte. Wir können ihm klarmachen, dass wir nichts zahlen können und wollen, woraufhin er uns sofort aussteigen lässt.

but it's home to me and I walk alone

but it’s home to me and I walk alone

Abermals kommen wir nur dank sehr hilfsbereiter Rumänen, die uns an Orte fahren, die nicht auf ihrem Weg liegen, zurück auf die Route nach Bukarest. Dort sammelt uns Adrian ein, der uns bis Ploiesti, die nächste grössere Stadt nördlich von Bukarest, mitnehmen kann. Das liegt zwar nicht 100%ig auf unserem Weg, doch bereün wir die Mitfahrt bei Adrian nicht. Er ist geschätzt fuffzich, gemütliche Figur, kurzes graues Haar und Pfeifenrauchgenießer. Adrian hat ein kleines Problem: In Rumänien bekommt man mit dem Führerschein ein Konto mit 15 Punkten. So wie Verkehrssünder bei uns in Flensburg Strafpunkte sammeln, bekommen sie in Rumänien von ebendiesen 15 Startpunkten je nach Vergehen Punkte abgezogen. Wer auf 0 fällt darf sich vom Führerschein verabschieden. Adrians Konto steht aktuell bei 2 Punkten. Weil man sich keine Pluspunkte verdienen kann, muss Adrian jetzt eigentlich richtig vorsichtig fahren. Will er aber eigentlich nicht. Kluger Mensch, wie er ist, hat Adrian sich folgende Lösung überlegt: Er hat sich ein Funkgerät in’s Auto eingebaut, das er auf LKW-Frequenz tunen kann. Und so fragt er gemütlich alle 10km einen Brummifahrer auf der Gegenspur, ob irgendwo „Probleme“ (Polizeistationen, Radarfallen, Kontrollen) zu erwarten wären. Weil alles frei ist, können wir entspannt mit bis zu 50 zu viel auf’m Tacho reisen.

Adrian kann auch noch mit anderen Qualitäten punkten. Beruflich macht er mehr oder weniger „mehr als lernen“ für Erwachsene, in seiner Freizeit shoppt er Pfeifen und Pfeifentabak und macht Fotos auf der ganzen Welt.

In Ploiesti angekommen sind wir vom Stadtbild des Schwerindustrie-Standorts positiv überrascht, es ist wirklich hübsch hier. Komischerweise gibt es aber keine Verbindung mit dem Bus nach Bukarest. Deshalb stehen an einer dafür bekannten Ecke Dutzende Menschen und lassen sich für ein wenig Geld von Leuten mit Auto nach Bukarest mitnehmen. Schlechte Voraussetzungen für den philosophiebewussten Tramper. Wir spazieren ein Stück weiter und werden dann von einem sehr netten Menschen bis nach Bukarest mitgenommen.

Nach insgesamt 10 Reisestunden kommen wir ausgepumt und glücklich in „unserer“ Bukarester Wohnung an.

Donaudelta

Mit dem Boot erkunden wir am nächsten Tag das Delta. Es ist eine kleine Tour mit 7 Passagieren, die 2 Spanier, eine schweizer Familie, die im gleichen Hotel wohnt, wie wir und wir. Die Vegetation ist hübsch anzusehen, leider sind die Flamingos und Pelikane aus den Tour-Werbefotos wohl vor allem im Frühling zu sehen, jetzt gehört das Delta den Fischern. Die Tour hat den Actionfaktor von einer Schlauchboottour durchs Tegeler Fließ. Mit den Schweizern quatschen wir so lange, bis sie und eine Mitfahrt Richtung Transsilvanien in ihrem Auto am nächsten Tag gewähren.

Süßwasser

Der nächste Tag beginnt mit Trampen: Angefangen bei einem ewig streitenden Pärchen und aufgehört bei Valentin, Laubenkieper am Razim-See neben dem Schwarzen Meer am unteren Ende des Donau-Deltas, landen wir an einer menschenverlassenen Stelle direkt am See, zu der uns Valentin noch 5km von seinem Ferienhaus entfernt über üble Schotterpisten fährt. Ob es hier ungefährlich ist zu campen, weiß er nicht so genau. Die  letzten Spuren menschlicher Zivilisation hier sind 2 Ruinenstädte auf den den See säumenden Felsen aus dem Mittelalter. Die nächsten bewohnten Häuser sieht man, wenn man auf den höchsten Punkt der Umgebung steigt, in der Ferne. Wir bauen unser Zelt auf und verchillen den Nachmittag, bis wir merken, dass uns nur noch einige Schluck Wasser bleiben. Die Rettung bringen am frühen Abend ein paar Touristen, die sich die Ruinen angucken und uns 2 Liter Wasser schenken.

auf der Felskante sitzen...mächtig

auf der Felskante sitzen…mächtig

Keine 20m von unserem Zelt entfernt grast ein Pferd. Wir gehen davon aus, dass es schon irgendjemand abholen kommen wird. Als wir schlafen gehen, ist das Pferd immer noch da und kommt unserem Zelt des öfteren gefährlich nahe. Da kann man es ruhig mal mit der Angst zu tun bekommen, ist ja nicht gerade schwach, so ein Pferd. Zu allem überfluss legen die Nacht über an unserem Privatstrand dubiose Gestalten in Motorbooten an. Hier ist nachts mehr los, als tagsüber.

Das Pferd

Das Pferd

So richtig viel können wir bei dem Trubel nicht schlafen.

Sonnenuntergangsgemälde by Mutter Natur

Sonnenuntergangsgemälde by Mutter Natur

Als wir am nächsten Morgen mit einem Fischer, der zum Glück mit dem Auto genau an unseren Strand gefahren kommt, ins nächste Dorf mitfahren wollen, kommt Valentin mit einem Kumpel vorbei, er wollte gucken, ob wir die Nacht gut überstanden haben. Was für ein netter Mensch.

bosslike Steine flippen am Privatstrand

bosslike Steine flippen am Privatstrand

Wir wollen weiter ins Donau-Delta rein, über kleine Straßen und Dörfer trampen wir nach Tulcea. Das läuft super: Es gibt hier zwar wenig Verkehr und die Autos fahren nur kurze Strecken. Dafür hält ungefähr jedes dritte Auto an, um uns mitzunehmen.

In der Stadt angekommen, lernen wir Sara & Jorge kennen, zwei junge Spanier, mit denen wir uns für eine Bootstour am nächsten Tag verabreden. Wir übernachten im günstigsten Hotel.