Es muss ein guter Tag werden, wenn wir es heute noch bis nach Belgrad schaffen wollen. Das Wetter spielt schonmal mit und so frühstücken wir gemütlich im Schatten der Robinson.
Wir haben 3 kürzere Fahrten, müssen uns mit der Tochter einer Fahrerin bei Facebook befreunden und werden mit Eurodancemusik bis an den Stadtrand gefahren, obwohl der Typ eigentlich nur halb so weit musste. Hier in Bosnien läuft es mit dem Trampen. Als wir ein hitch bis zur Grenze bekommen möchten, kommt es noch besser: Es stellt sich heraus, dass Boris (oder so ähnlich, wissen wir leider nicht mehr genau) einen Kumpel vom Flughafen in Belgrad abholen, er nimmt uns die ganze Strecke mit. Boris ist gerade von 5 Jahren Afghanistan zurück und kann einiges vom Feldlager Kandahar (da leben 50.000 Menschen!) erzählen, wo er als Zivilist Sicherheitstüren gebaut hat. Fast jeder seiner Sätze auf der Fahrt beginnt mit: „Listen!“ und endet mit „and now, everything is fucked up.“ Für die letzten 20km vom Flughafen in die Innenstadt finden wir auch schnell jemanden, von dem wir unterwegs freundlicherweise noch ein paar Infos zu Sehenwürdigkeiten, Nightlife und Drogen in Belgrad bekommen. Wir werden direkt am günstigsten Hostel der Innenstadt abgesetzt. Wir sind anscheinend die einzigen Gäste und nachts tackern die Mitarbeiter im Nebenzimmer. Wir sind dank 5cm-Gipswand live dabei, bis im wahrsten Sinne des Wortes die Bettpfosten in die Knie gehen und eine Latte aus dem Bett bricht. Jetzt Ruhe? Nein, weiter geht’s kurz darauf. Das Telefon klingelt. Kurz rangegangen und weiter im Text. Am nächsten Morgen gibt’s Riesenhamburger zum Frühstück und wir machen bei einer dieser Free-Walking-Tours mit, die es mittlerweile in jeder osteuropäischen Großstadt gibt. Wieder versenden wir vergeblich Couchsurfing-Requests, das klappt irgendwie noch gar nicht. Trotz des guten Wetters holen wir uns beide Husten und Schnupfen weg und ich merke, wie sehr die Reiselaune mit meiner Verfassung steigt und fällt.
Am frühen Abend holt uns das Weltuntergangswetter wieder ein. Irgendwie ist das ein Deja-vu: Unsere Rucksäcke im Hostel, draussen Regen und nichts zum Pennen. In der Couchsurfing-Belgrad-Gruppe erfahren wir von einem Gathering. Wir gehen in die Kneipe und lernen ein paar Menschen kennen. Zwar haben wir spannende Diskussionen, zum Übernachten läd uns aber niemand ein. Es sind so um die 50 Leute da, eigentlich muss doch was gehen. Als die Kafana (eine serbische Mischung aus Cafe, Bar und Restaurant) schliesst, ziehen wir mit dem harten Kern weiter in den Park und dann einen anderen Club.
Ein leicht angetrunkener Nesha hat dann doch noch einen Fußboden, den er uns feilbietet. Das Zimmer sei jedoch eigentlich zu klein für 3 Leute, was ich als Bescheidenheitsbla abstempel. Das Zimmer ist wirklich zu klein für 3 normalgroße Menschen im Liegen. Felix und ich dürfen auf dem Sofa schlafen, der Hausherrhat daneben noch ungefähr 50 cm Platz für sich auf dem Boden. Wir sind glücklich über dieses Arrangement, welches uns eine vernünftige Mütze Schlaf beschert, den wir später gut gebrauchen können.