Türkiye

Als wir aufstehen, wissen wir nicht, wie spät es ist. Alle elektronischen Geräte, die es uns verraten könnten sind out of battery. Wir packen langsam zusammen, gehen kurz im Fluss schwimmen und laufen in die Stadt.

BeachboyZ

BeachboyZ

Der erste Mensch, dem wir begegnen, behauptet, es wäre 17 Uhr. Das wollen wir erst nicht glauben, als die Uhren der anderen Passanten aber das selbe behaupten, müssen wir einsehen, dass wir todesspät dran sind, wenn wir heute noch die 300km nach Istanbul schaffen wollen.

Goin' to İstanbul

Goin‘ to İstanbul

Wir latschen bis zur Autobahnauffahrt, die ein ziemlich bescheidener Spot ist, da wenig Autos vorbeikommen. Gerade packen wir wieder zusammen und wollen und auf die Autobahn drauf wagen, da hält der nächste an. Anscheinend will uns da oben irgendjemand ärgern, zum wiederholten Male hält genau dann erst jemand, wenn man fast aufgegeben hat. Und was für ein jemand: Ein schwarzer Porsche Cayenne S. Drinnen sitzt Levan, ein Georgier, der in der Nähe von Potsdam lebt, gerade in Köln für einen Kumpel aus Russland das Auto gekauft hat und auf dem Weg zu seinen Eltern nach Tiflis ist. Er spricht perfekt deutsch und bietet uns an, uns bis nach Georgien mitzunehmen. Wenn das mal kein 3fach Jackpot ist. Hinzu kommt, dass Levan als Jugendlicher im Krieg (’92/’93 gegen Russland) gekämpft hat und viel Interessantes, wenn auch Grausames aus der Zeit erzählen kann.

Dann kommt die bulgarisch-türkische und damit die EU-NichtEU oder auch Zivilisation-NichtZivilisation-Grenze (in Wirklichtkeit ist es umgekehrt: Auf türkischer Seite supermoderne Shoppingmalls, in Bulgarien verfallene und verlassene Häuser). Levan hat keinen deutschen Pass, nur einen georgischen und wird dementsprechend schikaniert. 3 Mal müssen wir unsere Ausweise zeigen, ewig warten, bis die kontrolliert sind und dannwird noch 2 Mal das Auto durchgecheckt. Die EU hat wohl Angst, dass man ihre teuren Autos klaut. Ihr Waffe dagegen ist Frontex-Frank. Frontex-Frank ist ein deutscher Polizeibeamter, der sich freiwillig für 7 Monate an die Grenze begeben hat, mit der einzigen Aufgabe, jedes teuer aussehende Auto (die mit Menschen aus dem NichtEU-Ausland hinter dem Steuer natürlich erst recht) 17 mal zu kontrollieren, damit auchgar kein reicher Europäer eins weniger hat. Und so muss alles her: Fahrzeugpapiere, Kaufvertrag, Nummer vom Händler in Deutschland, Nummer vom Nummernschild, Fertigungsnummer, Infos über Kaufpreis, Kaufort, Ziel, für wen das Auto ist, Ladung, Gepäck, Passagiere usw. usf. Selbst dann dauert es noch fast eine Stunde, bis Frontex-Frank mit seinen bulgarischen Kollegen wieder aus der Baracke kommt, in die er verschwunden ist. Frontex-Frank ist aber eigentlich ein ganz Lieber, anders als das Logo des europäischen Grenzschutzes auf seinem Ärmel vermuten lässt (das sind doch die, die öfter mal Boote mit afrikanischen Flüchtlingen versenken). Frontex-Frank hat wenigstens die Bundesliga-Ergebnisse parat. Was Dortmund unterliegt HSV? Dafür dann bitte Torregen gegen Real und ManCity.

Endlich können wir einreisen, sogar ohne bestechen zu müssen. Levan erzählt, wie er mit seinem Pass an der einen oder anderen Grenze nur mit Hilfe eines kleinen Bakshish rüberkommt. Nach Serbien durfte er gar nicht einreisen und musste einen Umweg über Rumänien fahren. Bei dem Thema muss ich an meine Semester-Hausarbeit über Staaten, Weltstaat, Grenzen denken. Status: 0 Seiten.

In der Türkei sind wir mit Levan schon so dicke, dass er uns russische Schimpfwörter beibringt. Auf der Autobahn fahren wir die ganze Zeit höchstens 100 um Sprit zu sparen. Levans Autokumpel wird’s freuen, er zahlt immerhin schon Levans Rückflug. Aber als wir Istanbul erreichen müssen wir’s doch mal wissen. Fesnter auf, PowerSound mit türkischem Elektro (ziemlich geile Mukke eigentlich – Radio Adrenalin als absolute Empfehlung, wenn ihr da seid!) und dann raufgestiegen auf’s 350 PS-Gaspedal. Der Spaß ist leider von kurzer Dauer, in der Megastadt herrscht auch um 23 Uhr noch Verkehrsinfarkt.

Geschäftsmann mıt Leib und Seele: Wasserverkäufer AUF der Autobahn

Geschäftsmann mıt Leib und Seele: Wasserverkäufer AUF der Autobahn

[3 Stunden lege ich mein Tagebuch in den Fußraum, dann schreibe ich weiter]

Jeder Scheißlaster, der in die Türkei fährt muss durch Istanbul und damit über diese Scheißautobahn! Die haben einen Arsch voll Einnahmen und 14 Millionen Einwohner hier. Wieso zur Hölle kann man keine Autobahn bauen, die dem wenigstens annähernd gewachsen ist? Ich hasse Istanbul, bevor ich ein einziges Mal in der Stadt war. Wie die Bekloppten. Hier werden 4 Fahrspuren gewechselt, ohne 1 Meter vorwärts zu fahren!

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