Lima

Das erste Bild vom Pazifik kommt plötzlich und ist unscharf. Ohne Brille und mit Ohrstöpseln, um dem grausamen und seit Stunden störenden Board-Entertainment des Busses zu entgehen, mit müden Augen und durch noch mattere Fensterscheiben von endlosen Kilometern durch die Wüste bin ich blind und taub, als ich den blauen Riesen neben der uns erbarmungslos nordwärts schleifenden Panamericana entdecke. Das bedeutet jetzt zweierlei, Gutes und Schlechtes. Das Gute ist, dass unser Ziel Lima nun wirklich nicht mehr weit entfernt sein kann. Das Schlechte, dass alle Unheilsverkünder Recht behalten haben und das Wetter hier vermutlich tatsächlich immer scheisse ist.

Pauls WG

Pauls WG

Wir fahren gleich nach Ankunft auf gut Glück in den Randbezirk la Molina, da wir von unterwegs nicht mehr mit Paul kommunizieren konnten. Paul ist ein Kumpel von Julia aus Berlin, auch Freiwilliger hier, der uns freundlicherweise bei sich aufnehmen will. Wir kennen zwar die Strasse und Hausnummer, wissen aber nicht in welchem Appartement er wohnt und ob er überhaupt zu Hause ist. Wir klingeln und haben Glück. Pauls Mitbewohnerin Carla guckt aus dem Fenster und kann den Schlafenden aufwecken. In der Wohnung wohnen 4 Freiwillige in Kinderheim-Projekten hier in Lima. Am ersten Abend lernen wir die restlichen deutschen FSJler bei einer Abschiedsparty im Künstlerviertel Barranco kennen. Es wird erst in einer Wohnung gefeiert und später am Strand mit Lagerfeuer, Trommeln und witzigen Menschen aus Peru, Kuba und China.

Die weiteren Tage hier vergammeln wir eher. Ein wenig Wäsche waschen hier, lecker Frühstück oder Burger essen da und einmal um den Block spazieren dort sind das Tagesprogramm. Paul hat Glück, hier hat sich eine wirklich atzige WG von sich gut ergänzenden Menschen gefunden. Hier wird gechillt, gefeiert und gewitzelt und alle haben Spass am Gemeinsam-Sein. Auch die Wohnung an sich ist ganz geil. Zwar kein eigenes Zimmer für jeden, dafür eine sonnige Dachterasse und ein offener Küche-Wohn-Raum. Die Stimmung trübt leider die psychisch angeknackste Vermieterin Rita, die schon das ganze Jahr anstrengend war, es nun gegen Ende der gemeinsamen Zeit jedoch noch mal richtig drauf ankommen lässt und unerträglich wird: Im Stundentakt kommt sie unangekündigt durch Vorder- oder Hintertür, um zu kontrollieren, ob der Auszug nach ihrem Gusto vonstatten geht. Was er natürlich nicht tut. Und so wird immer wieder korrigiert, diskutiert, gefordert und befohlen und vor allem möglichst oft eine total schockierte Mine aufgesetzt.

Nach und nach heisst es dann auch für diese WG, Abschied zu nehmen. Unser zweiter Abend ist der letzte der Mädels hier und wir fahren zur Feierei ins Reichen- und Touri- und Partyviertel Miraflores. Wir ziehen durch verschiedene Bars und Clubs und ärgern uns über die allzu europäischen Preise. Peter reist einen Tag später ab, wir feiern mit Bier und Pisco und Tischtennis in der Wohnung. Der Abschied von Paul muss dann zwei Tage darauf schnell gehen, da wir noch einen Bus, der abends in Trujillo ankommen soll, catchen wollen.

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